CLUE Computerlinguistik Uni Erlangen

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5.2.1. Das Auxiliar werden, ein Partizip II und der Infinitiv von haben oder sein

Futur II Indikativ Aktiv
Futur II Konjunktiv I Aktiv
Die nächste Auxiliarkonstruktion, die hier beschrieben wird, ist die des Futur II, die gebildet wird, indem man das Auxiliar werden mit dem Infinitiv Perfekt Aktiv eines Vollverbs verbindet.

Das Futur II ist die letzte bisher noch fehlende Tempusform der deutschen Sprache, die noch darzustellen ist. Dabei gehen Eisenberg, van der Elst und Helbig/Buscha wieder wie gewohnt vor und geben die Bedeutung des Futur II mit den Zeitintervallen der Aktzeit, der Betrachtzeit und der Sprechzeit wieder.

Nach Eisenbergs schematischer Darstellung liegt dann ein Futur II vor, wenn die Betrachtzeit nach der Aktzeit liegt. Auch das Futur II hat wie das Futur I eine temporale (Es wird geschneit haben.) und eine modale Lesart (Das wird meine Tochter gemacht haben.). 101

Helbig/Buscha geben für das Futur II drei Bedeutungsvarianten an. Erstens die Variante, mit der ein vermutetes Geschehen in der Vergangenheit beschrieben wird: Die Betrachtzeit und die Aktzeit sind gleich und liegen beide vor der Sprechzeit (Er wird die Stadt besichtigt haben.). Zweitens die, mit der ein vermutetes Geschehen in der Vergangenheit mit resultativem Charakter ausgedrückt wird: Die Betrachtzeit ist gleich der Sprechzeit, und die Aktzeit liegt vor der Betrachtzeit und der Sprechzeit (Peter wird eingeschlafen sein. ==> Peter schläft jetzt.). Drittens die, mit der ein zukünftiges Geschehen ausgedrückt wird: Die Aktzeit liegt vor der Betrachtzeit, die Betrachtzeit nach der Sprechzeit, und auch die Aktzeit liegt nach der Sprechzeit (Morgen wird er die Arbeit beendet haben.). 102

Van der Elst unterscheidet zwei Tempusfunktionen (Zeitreferenzen) die sich mit dem Futur II ausdrücken lassen. Erstens gibt es die Möglichkeit, daß die Aktzeit vor der Betrachtzeit und der Sprechzeit liegt, wobei sich Betrachtzeit und Sprechzeit überlappen (Er wird sicherlich nicht umsonst angerufen haben.). Diese Tempusfunktion läßt sich auch durch das Perfekt wiedergeben (Das Buch ist heute mit der Fernleihe angekommen.). Zweitens kann die Sprechzeit vor der Aktzeit, und die Aktzeit vor der Betrachtzeit liegen (Morgen wird er die Prüfung geschafft haben.), wobei auch diese Tempusfunktion durch das Perfekt wiedergeben werden kann (Morgen hat er die Prüfung bestanden.). 103

Die Dudengrammatik beschreibt die Bedeutung des Futur I wieder über die Verwendungsweisen, wobei sich zwei unterscheiden lassen: 104

1. Bezug auf Zukünftiges. In dieser Verwendungsweise kann das Futur II auch durch das Perfekt ersetzt werden (Am kommenden Mittwoch wird das Raumschiff den Mond erreicht haben. <=> Am kommenden Mittwoch hat das Raumschiff den Mond erreicht.)
2. Bezug auf Vergangenes. In dieser Verwendungsweise kann das Futur II grundsätzlich nicht durch das Perfekt ersetzt werden, weil die modale Komponente verlorengeht.

Engel behandelt auch das Futur II nicht als ein Tempus, sondern ebenfalls unter den Modalverbkomplexen. Dort beschreibt er es aber nur bei einem sprecherbezogenen Gebrauch, wobei es dann die Bedeutungsvariante 'Vermutung des Sprechers' (Sie wird das anders gemeint haben.) übernimmt. 105

Das Futur II kann ebenfalls in zwei verschiedenen Modi auftreten. Aber auch hier gilt in Bezug auf Formen des Präteritums und des Konjunktiv II dasselbe wie für das Futur I, das ich in Kapitel 5.1.2. behandelt habe.

Das Futur II Indikativ Aktiv und das Futur II Konjunktiv I Aktiv werden gebildet, indem das finite Auxiliar werden im Präsens Indikativ Aktiv oder im Präsens Konjunktiv I Aktiv mit einem Infinitiv Perfekt Aktiv eines Vollverbs verbunden wird.

Mit dem finiten Auxiliar werden im Präteritum Indikativ Aktiv und einem Infinitiv Perfekt Aktiv eines Vollverbs werden keine Auxiliarkonstruktionen gebildet.

Das Futur II Konjunktiv II Aktiv wird ebenfalls nicht gebildet. Mit dem Präteritum Konjunktiv II Aktiv des finiten Auxiliars werden und einem Infinitiv Perfekt Aktiv eines Vollverbs wird auch hier der Konjunktiversatz gebildet.

1. Kernsatz
Die Menschen werden das Schiff gesegelt haben.
2. Kernsatz mit topikalisierter Akkusativergänzung
Das Schiff werden die Menschen gesegelt haben.
3. Kernsatz mit topikalisiertem infinitem Verb
Gesegelt haben werden die Menschen das Schiff.
4. Stirnsatz
Werden die Menschen das Schiff gesegelt haben?
5. Spannsatz
Daß die Menschen das Schiff gesegelt haben werden!


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